Polyelektrolytmultilagen

Präparation von Polyelektrolytmultilagen (PEM)

An dieser Stelle soll die Präparation von Polyelektrolytmultilagen (PEM) erläutert werden. Polyelektrolyte sind Polymerer, die alternierend Ladungen tragen. So gibt es Polyelektrolyte, die positiv und negativ geladen sind. Bei der Darstellung der Filme werden immer wechselseitig Polymere mit positiver und im Anschluss daran mit negativer Ladung adsorbiert.

Eine Schicht aus je einer Lage positiv und negativ geladener Moleküle wird im Folgenden als Doppelschicht bezeichnet. Die Adsorptionsschritte können beliebig oft wiederholen werden, somit kann eine beliebige Schichtdicke eingestellt werden. Weiterhin kann man die Filme entweder positiv oder negativ geladen terminieren. PEM bilden, im Falle einer guten Präparation, sehr glatte Oberflächen und enthalten ca. 40 % Wasser /1/.

Sehr wichtig sind die Waschschritte. Sollten sich noch Polymerreste in der Lösung befinden, so komplexieren sich die Polymere schon in der Lösung. Gelangt so ein Konglomerat an die Oberfläche, so wird die Präparation misslingen. Die Filme werden dann fleckig und sehr rau. Die Grundlage der Präparation von PEM’s sind in Publikation /2/ ausführlich beschrieben. Haupttriebkraft der Komplexierung ist zum einen die sehr starken Anziehungskräfte der gegensetzlich geladenen Gruppen und nach /3/ die steigende Entropie durch das Freisetzen der Gegenionen. Als Substrat für die Polyelektrolytpräparation kann sowohl einkristallines Silizium als auch eine mit Gold bedampfte Oberfläche dienen. Abbildung 1 zeigt die Monomereinheiten der gebräuchlichsten Polyelektrolyte.

PEM1

               PEI                                              PSS                                                    PAH

   Polyethylenimin           Poly (Natrium 4-Styrolsulfonat)   Poly(Allylamin Hydrochlorid)

MW = 750 000 Da                  MW = 70 000 Da                               MW = 65 000 Da

 

Abb. 1: Struktur der Polyelektrolytpolymere für die Präparation von PEM’s

Im Folgenden soll schrittweise die Herstellung der Filme beschrieben werden. Dabei wurde die Präparation von /2/ übernommen. Abbildung 2 zeigt das Präparationsprinzip.

  • Reinigung des Substrates. Die Siliziumsubstrate wurden für 30 Minuten in eine Lösung aus 50% Schwefelsäure und 50% Wasserstoffperoxidlösung (Carosche Säure, Piranha Solution) eingelegt. Bei der Präparation der Mischung ist auf die stark ätzende und oxidierende Wirkung zu achten und größtmöglichste Sorgfalt anzuwenden. Goldsubstrate wurden 15 Minuten unter einer UV-Lampe gereinigt.
 

 

 

  • Die Silizumsubstrate müssen nach dem Ätzen intensiv gereinigt werden (3 x 15 Minuten in großem Wasservolumen).
 

 

 

  • Das Substrat wird nun 20 Minuten in einer 10-2 monomol/l PEI-Lösung inkubiert (Die Einheit monomol bezieht sich auf Monomereinheiten von PEI).
 

 

 

  • Es folgen 3 Waschschritte a 2 Minuten in destilliertem Wasser.
 

 

 

  • Nun kann der Aufbau der Multilagen beginnen. Die Polyelektrolyte PSS und PAH werden in einer Konzentration von 10-2 monomol/l Polymer und 1 mol/l NaCl gelöst. Das Salz führt zur Ausbildung einer knäuelartigen Molekülkonformation da die Ladungen abgeschirmt und somit die intramolekularen Repulsionskräfte weitgehend reduziert werden. Somit wird ein schnellerer Schichtdickenzuwachs erreicht. Nach der PEI-Beschichtung erfolgt der erste Adsorptionsschritt in einer PSS-Lösung. Das Substrat verbleibt 20 Minuten in der Lösung und wird dann 3 mal 2 Minuten in destilliertem Wasser gewaschen. Nach jedem Reinigungsschritt wird das Waschwasser verworfen.
 

 

 

  • Wie oben erwähnt, können beliebig viele Adsorptionszyklen durchgeführt werden. Die Filme können sowohl positiv (PAH) als auch negativ (PSS) terminiert hergestellt werden.

 

 

  • PEM2

Abb. 2: Präparation von Polyelektrolytmultilagen. Die Probe wird jeweils 20 Minuten in die Polymerlösung getaucht und anschließend 3 mal 2 Minuten gewaschen. Nach jedem Adsorptionsschritt wechselt die Oberflächenladung. Abbildung /2/ entnommen.

                 

Abbildung 3 zeigt nun den Schichtdickenzuwachs von Doppelschichten, welcher im trockenen Zustand mittels Ellipsometrie bestimmt wurde.

 

PEM3

 

Abb. 3: Schichtdickenzuwachs für Doppelschichten PSS/PAH, bestimmt mittels Ellipsometrie (siehe Artikel Ellipsometrie in der Rubrik Techniken), bei den ersten beiden Schichten ist der Zuwachs stärker, vermutlich verbleibt mehr Wasser in der Probe im Vergleich zu den später adsorbierten Schichten.

                     

Im Folgenden werden einige Daten beispielhaft für Polyelektrolytfilme gezeigt. Abbildung 4 zeigt eine Reflektivitätskurve mit Neutronen- und Röntgenstrahlung für einen PEI-(PSS/PAH)6-Film. Bei der Neutronenkurve wurde der Film gegen schweres Wasser und bei der Röntgenkurve in 100 % wasserdampfgesättigter Atmosphäre gemessen. Beide Kurven zeigen signifikante Kiessig-Ozillationen.

 

PEM4

 

Abb. 4: Links: Neutronenreflektivitätskurve für einen Film PEI-(PSS/PAH)6 gemessen gegen D2O. Die Reflektivität kann über 5 Größenordnungen verfolgt werden. Die durchgezogene Linie zeigt den Fit (Filmdicke: 362 Å, Filmrauhigkeit: 22 Å, Streulängendichte Film: 3,99∙10-6 Å-2). Rechts: Röntgenreflektivitätskurve für einen Film PEI-(PSS/PAH)6 gemessen gegen 100 % Luftfeuchte. Die Reflektivität kann über fast 7 Größenordnungen verfolgt werden. Die durchgezogene Linie zeigt den Fit (Filmdicke: 310 Å, Filmrauhigkeit: 17 Å, Streulängendichte Film: 1,19∙10-5 Å -2). Der Unterschied in der Schichtdicke rührt aus unterschiedlich starken Quellungen der Polyelektrolytfilme in Wasser und in gesättigter Wasserdampfatmosphäre.

Mittels in situ Ellipsometrie und QCM-D wurden die Adsorptionskinetiken von PSS und PAH aufgezeichnet. Abbildung 5 und 6 zeigen die Ergebnisse. Bei den Messungen zeigte sich, dass eine der Polyelektrolytfilm zu 60% (Ellipsometrie) bzw. 67% (QCM-D) aus negativ geladenen PSS besteht. Vergleichsmessungen mit Neutronenreflektometrie ergeben einen PSS-Anteil von 76 % /1/, wobei die Filme dabei mit 0 und 0,5 mol/l NaCl und in den eigenen Messungen mit 1 mol/l NaCl in den Polymerlösungen präpariert wurde. Obwohl die eigenen Werte geringer sind, wurde bestätigt, dass PSS den größeren Anteil an den Polyelektrolytfilmen einnimmt.

PEM5

Abb. 5: Adsorptionskinetik von PSS und PAH in 1 M NaCl.

 

PEM6

Abb. 6: Adsorption von der Polyelektrolyte PSS und PAH. Die Frequenzverschiebung für PSS (22 Hz) fällt stärker aus als für PAH (13 Hz). Beide Kurven haben nur eine geringe Verschiebung in der Dissipation, was auf sehr starre Filme hinweist, die gut mit dem Kristall mitschwingen.

Abbildung 5 und 6 zeigen, dass die Adsorption unterschiedlich lange benötigt, bis das Gleichgewicht erreicht ist. In der Ellipsometrie ist die Grenzfläche im Kontrast zu /4/ nach 20 Minuten noch nicht mit Polyelektrolytmolekülen gesättigt, in der QCM-D hingegen schon. Der Hauptgrund für die längere Adsorptionszeit in der in situ Ellipsometrie ist vermutlich in der komplexen Geometrie der Zelle und dem damit verbundenen nicht optimalen Fluss der Probelösung in der Zelle zu suchen.

/1/        Mathias Lösche, Johannes Schmitt, Gero Decher, Wim G. Bouwman, Kristian Kjaer, Detailed structure of molecularly thin polyelectrolyte multilayer films on solid substrates as revealed by neutron reflectometry, Macromolecules, 31, 8893 – 8906, 1998

 

/2/        Gero Decher, Fuzzy nanoassemblies: Toward layered polymeric multicomposites, Science, 277, 1232 – 1237, 1997

/3/        Z. Ou, M. Muthukumar, Entropy and enthalpy of polyelectrolyte complexation: Langevin dynamics simulations, Journal of Chemical Physics, 124(15), 154902, 2006

/4/        Anton Plech, Tim Salditt, Christian Münster, Johannes Peisl, Investigation of structure and growth of self-assembled polyelectrolyte layers by X-ray and neutron scattering under grazing angels, Journal of Colloid and Interface Science, 233, 74 – 82, 2000

 

 

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