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Neutronen- bzw. Röntgenreflektometrie (NR, XR)
Reflektometrie (Röntgen & Neutron)
Dieses Tutorial soll dazu dienen, dem interessierten Leser die Reflektometrie, einer leistungsstarken Technik zur Charakterisierung von Grenzflächen, näher zu bringen. Die Reflektometrie kann sowohl unter Einsatz von Röntgenstrahlung (X-Ray Reflectometry, XR) als auch Neutronenstrahlung (Neutron Reflectometry, NR) eingesetzt werden. Wenn nicht ausdrücklich erwähnt soll hier die NR dargestellt werden und nur an einigen Stellen auf die XR eingegangen werden.
Mittels der Reflektomtrie können Grenzflächen in Hinblick auf die Schichtdicke von 1 bis 250 nm, der Oberflächenrauhigkeit und des Brechungsindex charakterisiert werden. Der Brechungsindex im Bereich der Neutronen und Röntgen wird als Streulängendichte bezeichnet. Streulängendichten werden bei der Reflektometrie zur Charakterisierung der Materie herangezogen, da aufgrund des viel kleineren Einstreuwinkels im Vergleich zur Diffraktometrie keine atomare Auflösung besteht. Die Einzigartigkeit der Neutronen für die Charakterisierung von weicher Materie ist, dass die Wellenlänge des Neutrons in etwa der Länge einer chemischen Bindung entspricht.
Während die Neutronen mit dem Atomkernen der Probe wechselwirken, so interagiert die Röntgenstrahlung mit der Atomhülle. Damit ist die Neutronenstrahlung für unterschiedliche Zusammensetzungen der Atomkerne sensitiv, währen der Kontrast für die Röntgenstrahlung mit der Anzahl der Elektronen in der Atomhülle und damit steigender Ordnungszahl zunimmt. Besonders interessant für die Charakterisierung von weicher Materie und Biomolekülen wie Proteine, Phospholipide und Polysacharide ist der sehr große Unterschied in der Neutronenstreulänge zwischen Wasserstoff (-3,74 fm) und damit auch Wasser (H2O) und den so genannten Deuterium (6,67 fm) auch in seiner Form als schweres Wasser (D2O), die chemisch identische Eigenschaften haben, jedoch eine unterschiedliche Anzahl an Neutronen im Kern aufweisen. Dies ist für die Charakterisierung oben genannte Moleküle sehr interessant, da somit der Kontrast der Proben entsprechend eingestellt werden kann.
Um einen Einstieg in die Reflektometrie zu bekommen, soll nun zu nächst die Streugeometrie dargestellt werden.
Abb. 1: Streugeometrie der Reflektometrie [ki - einfallender Strahl, kt - transmittierter Strahl, kr - reflektierter Strahl]
Der Streuvektor qz, der sowohl eine Information über den Einstreuwinkel und auch die Wellenlänge des Photons hat, wird wie folgt definiert:
Die Reflektivität wird nach Fresnel errechnet durch:
wobei ki und kt die z-Komponenten der Wellenvektoren des einfallenden und des transmittierten Strahles sind. Die Intensität des reflektierten Strahles ergibt sich dann als R = |r²|. Für die quantitative Auswertung der experimentellen Daten wird die logarithmische Reflektivität in der Abszisse und der Streuvektor qz als Ordinate geplottet.
Wie oben bereits erwähnt, lässt sich mit der NR oder XR auch die Rauhigkeit von Grenzflächen ermitteln. Die Oberflächenrauhigkeit einer Schicht j wird berechnet durch die Gleichung:
Eine wichtige Charakteristik einer Reflektivitätskurve ist die Totalreflektionskante. Bei Winkeln unterhalb des kritischen Winkel der Totalreflexion αc werden alle Neutronen reflektiert, oberhalb von αc dringen die Neutronen zunehmend in die Probe hinein (siehe Vektor kT in Abbildung 1). Der kritische Winkel wird wie folgt angegeben:
wobei δ die Dispersion für Neutronen ist.
Interessantes zum Streuverhalten zeigt der Verlauf der Rohdaten der zurück gestreuten Neutronen. Eben wurde erwähnt, dass unterhalb des Winkels der Totalreflexion alle Neutronen reflektiert werden. Das würde bedeuten, dass die Anzahl der reflektierten Neutronen konstant wäre. Nun schauen wir uns die Rohdaten einmal an:
Abb. 2: Rohdaten Reflektion von Neutronen an Grenzfläche
Zum großen Erstaunen steigt die Anzahl der reflektierten Neutronen mit zunehmenden Probenwinkel θ und nimmt erst bei Überschreiten der Totalreflektionskante wieder ab. Erklären lässt sich dieses Phänomen wie folgt: Bei Beginn der Messung starten wir mit einem extrem kleinen Winkel von 0,1 °. Dabei ist es so, dass ein Großteil der Neutronen die Probe nicht trifft. Das bedeutet, dass die reflektierte Fläche ausgesprochen klein ist. Man kann sich das so vorstellen, dass die Neutronen am vorderen und hinteren Teil der Probe vorbei fliegen. Stellen wir nun den Probenwinkel θ auf 0,2°, so wird die Fläche größer und die Anzahl der reflektierten Neutronen nimmt zu. Dies setzt sich bis zum erreichen von αc fort, wobei der Anstieg der reflektierten Neutronen linear mit zunehmenden Probenwinkel θ verläuft. Dieser lineare Anstieg wird dazu verwendet, einen Korrekturparameter zu errechnen und letztlich eine klare Totalreflektionskante zu errechnen. So erhalten wir für die Streugeometrie aus Abbildung 1 für verschiedene Oberflächenrauhigkeiten folgende Kurven:
Abb 3: Reflektivität von Neutronen an Grenzfläche Silizium / schweres Wasser
Wie wir sehen, fällt der Kurvenverlauf der Reflektivität kontinuierlich mit steigenden qz. Dieser Kurvenverlauf wird demnach als Fresnel-Kurve oder Fresnel-Verlauf bezeichnet. Weiterhin nimmt die Anzahl der spekular reflektierten Neutronen mit steigender Oberflächenrauhigkeit ab. Wie lässt sich das erklären? Schauen wir uns einmal die Reflektion an einer glatten und einer rauen Oberfläche an:
Abb. 4: Reflektion von Neutronen- oder Röntgenstrahlung an glatten und rauen Oberflächen
Wie wir sehen, werden im linken Fall einer glatten Oberfläche alle Neutronen spekular reflektiert. Links bei der rauen Oberfläche wird ein geringerer Teil als wie bei der glatten Oberfläche spekular reflektiert. Die Reflektion erfolgt auch in andere Raumrichtungen. Dies wird auch als off-spekulare Streuung bezeichnet.
Nun ist die Bestimmung von Oberflächenrauhigkeiten eine mögliche Anwendung der Reflektometrie, die jedoch nicht die Bereitstellung von teuren Neutronen rechtfertigt. So betrachten wir jetzt das Reflektionsverhalten von Neutronen an dünnen Filmen wie sie Abbildung 5 zeigt.
Abb. 5: Reflektivität Neutronen an dünnen Filmen
Wie Abbildung 5 zeigt, wird der Neutronenstrahl am ersten Film teilweise reflektiert und teilweise dringt der Strahl tiefer in die Probe ein. Bei entsprechendem Kontrast wird der Strahl zwischen dem zweiten Film und des schweren Wasser erneut reflektiert. Wie die Abstände zwischen den reflektierten Strahlen zeigen, gibt es nun qz – Bereiche mit mehr und auch weniger zurückgestreuten Neutronen. Dies gibt der Kurve eine Struktur, die später einer quantitativen Auswertung der Messung ermöglicht. So betrachten wir nun eine typische Reflektivitätskurve, wie sie für eine Geometrie aus Abbildung 5 zu erwarten ist.
Abb. 6: Simulierte Neutronenreflektivitätskurve für einen 25 nm dicken Film mit einer Streulängendichte von 2,5 10-6 Å-2 mit 1 nm Rauhigkeit gegen schweres Wasser. Deutlich zu sehen sind die Interferenzmuster (Kiessig-Ringe).
Wenn wir die Reflektivitätskurven von Abbildung 3 und 6 vergleichen, so sehen wird deutlich die Oszillationen, die auch als Kiessig-Ringe oder Kiessig-Oszillationen bezeichnet werden. Diese Muster enthalten nun die Informationen über die Schichtdicke, Streulängendichte und Oberflächenrauhigkeit.
Um von einer experimentell ermittelten Kurve die gewünschten Ergebnisparameter zu erhalten, muss die Kurve einer Fit- Prozedur (fit – engl.: anpassen) unterworfen werden. Dies ist keine Spezialität der Neutronenstreuung, sonder ein in der Naturwissenschaft weit verbreitete Methode. Grundlage in unserem Beispiel ist, dass die Reflektivität von Neutronen und auch Röntgenstrahlen vollständig theoretisch verstanden ist. So kann man die Fitprozedur mit Parametern begonnen werden, die man eventuell für die eigene Probe erwartet. Mit diesen Informationen wird nun eine Reflektivitätskurve errechnet, die anschließend mit der experimentell bestimmten Kurve verglichen wird.
Nach diesen ersten Schritt wird das Modell nun „step by step“ verbessert und immer näher an die gemessene Kurve angepasst. In den Schritten zwei bis vier sollte im Falle der Reflektometrie die Modellkurve noch per Hand verbessert werden. Die exakte Anpassung an die Kurve übernimmt dann die Fitsoftware. Im Fall der Reflektometrie ist es das Programm „Parrat32“, welches den Parrat Rekursions Algorithmus implementiert. Ein Rekursionsalgorithmus ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Funktion selbst aufruft und die vorhergehenden Ergebnisse in einem Stack zwischen gespeichert werden bis die Abbruchbedingung erfüllt wird. Nach dem Abbruch der Rekursion wird der Stack wieder zurückgerechnet und man erhält das Ergebnis. Bei Rekursionen sollte man sehr sorgfältig die Abbruchbedingung implementieren, weil man im Falle von Fehlern eine Endlosschleife programmiert hat.
Die Software passt dann iterativ die simulierte Kurve an die gemessene an, bis ein Optimum erreicht ist. Ergebnis der Fitprozedur ist ein Model, welches die Filmdicken, die Streulängendichten und die Rauhigkeit enthält und somit das Ergebnis der Messung enthält. An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass die Oberflächenrauhigkeit nur ein Drittel der Schichtdicke annehmen kann, weil sonst der Film quasi nur aus Rauhigkeit besteht. Im Folgenden soll nur der Parrat Algorithmus noch ein wenig näher beleuchtet werden. Das Programm Parrat32 ist kostenlos vom Helmholtz Zentrum für Materialien und Energie Berlin Wannsee zu beziehen.
Um einen Einstieg in den Parrat – Algorithmus zu finden, betrachten wir noch einmal die Reflektion von Neutronen an dünnen Filmen in Abbildung 7.
Abb. 7: Reflexion eines Neutronen- oder Röntgenstrahls an mehreren Grenzflächen, Abbildung /1/ entnommen
Eine mathematische Beschreibung für die Reflektion an mehreren Grenzflächen führte 1954 Parrat mit folgender Rekursionsgleichung an, die die an der Grenzfläche zwischen den Schichten j und j+1 reflektierte (Rj) und transmittierte Amplitude (Tj) ins Verhältnis setzt /2/:
mit
Zum Abschluss dieses kleinen Tutorials sollen noch ein paar Details zur Durchführung von Reflektivitätsmessungen erläutert werden. Zunächst wird bei dem Versuchsaufbau zwischen horizontalen und vertikalen Reflektometern unterschieden werden. Horizontale Reflektometer sind dazu geeignet Grenzflächen zwischen Flüssig / Flüssig oder Flüssig / Gasförmig zu charakterisieren, während die vertikalen Versuchsaufbauten nur die Untersuchung von Grenzflächen zwischen Fest / Flüssig oder Fest / Gasförmig vornehmen lässt. Beispiele für horizontale Reflektometer sind die die Instrumente V6 und BioRef am Helmholtz Zentrum für Materialien und Energie Berlin, das AMOR am Paul Scherrer Institut in Villigen (Schweiz) oder auch die Geräte CRISP und SURF am ISIS Rutherford Appleton Labor in Oxfordshire (England). Vertikale Reflektometer sind seltener, ein Beispiel ist das Instrument ADAM am Institut Laue Langevin in Grenoble (Frankreich).
Ein weiterer interessanter Punkt ist die Bereitstellung der Neutronen, die schon etwas aufwendiger ist im Vergleich zu den gewohnten Laborgeräten. Vom Prinzip gibt es zwei Techniken für die Bereitstellung von Neutronen: der Zerfall von Uran-235, ähnlich dem Vorgang in Atomkraftwerken, nur dass die Entstehung von Neutronen und nicht das Erzeugen von Energie von Interesse ist. Beispiele für Institute mit Reaktoren sind das Helmholtz Zentrum für Materialien und Energie Berlin Wannsee mit einer Leistung von ca. 10 MW und das Institut Laue Langevin Grenoble mit 60 MW. Im Falle der Spallation werden Protonen in einem Speicherring beschleunigt und anschließend auf ein Tantal-Target geschossen. Dabei werden von dem Tantal Elektronen herrausgeschlagen, die sich mit dem Proton zu einem Neutronen vereinigen. Während man bei einem Reaktor einen kontinuierlichen Fluss hat, schwankt die Bereitstellung der Neutronen bei der Spallation mit der Zeit.
Abschließend soll noch auf zwei Modi für die Durchführung von Refletivitätsmessungen hingewiesen werden. Man kann solche Experimente monochromatisch oder im „Time of Flight“ – Modus durchführen. Im ersten Fall wird der Strahl durch einen Monochromator durchflossen, der nur für eine Wellenlänge passierbar ist. Der Vorteil dieses Modus ist, dass man in der Regel eine sehr gute Auflösung hat. Dies wird dadurch erkauft, dass ein Grossteil des Strahles quasi weggeworfen wird und die Messung zeitlich verlängert wird. Monochromatisch misst man, in dem Probe und Detektor auf spekulare Bedingungen gestellt werden und man eine Zeit vorgibt, die der Detektor die eintreffenden Neutronen registriert. In der Time of Flight Geometrie wird der gesamte Strahl verwertet und auf einen Monochromator verzichtet. Die Wellenlänge des Neutrons wird anhand dessen Flugzeit ermittelt, woher diese Methode auch seinen Namen hat. Im Vergleich zum monochromatischen Methode wird die Probe nur bei drei bis vier Winkeln vermessen, die einen größeren qz-Bereich abdeckt (siehe Definition qz im oberen Abschnitt). Diese vier Fragmente werden dann zu einer fertigen Kurve zusammengesetzt.
Da es Hauptthema meiner Dissertation war, biologische Proben unter Druck und Scherrung zu untersuchen, soll diesem Thema hier noch ein wenig Platz eingeräumt werden. Zunächst soll die Druckzelle vorgestellt werden, die in Zusammenarbeit mit der Firma Sitec-Sieber Engineering AG, Maur/Zürich in der Schweiz entwickelt wurde. Abbildung 8 zeigt ein Foto der Zelle.
Abb. 8: Druckzelle für Neutronenreflektometrie. Rechts ist das Druckaufbausystem zu sehen. Der schwarze Behälter ist mit Wasser gefüllt, über das der Druck hydraulisch aufgebaut wird. Eine mechanische Presse wird benutzt, um Drücke bis 500 bar zu erzeugen. Für den Aufbau von 500 – 1000 bar wird die Spindelpresse benutzt. Links neben dem Druckaufbausystem befindet sich die eigentliche Messzelle.
Die Druckzelle besteht aus zwei Hauptkomponenten: einem Druckaufbausystem und dem eigentlichen Probenraum. Der Druck wird hydraulisch über die Flüssigkeit aufgebaut und vom Druckaufbausystem über eine Trennzelle an die Probeflüssigkeit weitergegeben. Die Trennzelle ist ein Zylinder, in dem sich ein beweglicher Kolben befindet. Die Druckzelle selbst ist ein doppelwandiger Edelstahlkörper. In der Zwischenwand befindet sich Wasser für die Temperierung. Die Zelle ist für Temperaturen zwischen 10 °C und 60 °C ausgelegt. Das System besitzt sowohl an dem Druckaufbausystem als auch an der Zelle selbst ein Manometer, um jederzeit eine Kontrolle über den Druck zu besitzen.
Abb. 9: Schemazeichnung der Druckzelle. Der Druck wird mittels des Druckaufbausystems hydraulisch über die Trennzelle, welche einen beweglichen Kolben enthält, in der Druckzelle erzeugt. Die Trennzelle ist über ein 3-Wege-Ventil mit der Druckzelle verbunden. Der dritte Ausgang des Ventils ist die Zuleitung für die Probelösung. Die runde Probe wird passgenau zwischen die Siliziumsegmente positioniert. Zum Befüllen wird in der Zelle Vakuum erzeugt und die Lösung eingesaugt. Über ein zweites 3-Wege-Ventil sind ein Manometer und eine Berstscheibe an die Zelle angeschlossen. Werden in der Zelle Drücke von über 1,5 kbar erreicht, so reißt die Berstscheibe und der Druck kann entweichen.
Abb. 10: Detailfoto der Druckzelle
Zu lösende Probleme bei der Fertigstellung der Zelle waren einerseits die Strahlführung des Neutronenstrahls und andererseits die Erzeugung hoher Drücke bei großem Fensterdurchmesser. Abbildung 12 zeigt die Lösung dieser Probleme. Der Abschluss nach außen erfolgte über neutronentransparente und druckfeste Saphirfenster. Für die Strahlführung wurden Segmente aus Silizium gefertigt. Durch die Verwendung der Segmente passiert der Neutronenstrahl in der Zelle fast ausschließlich das transparente Silizium und nahezu keine Probelösung, wodurch eine nennenswerte Schwächung der Strahlintensität vermieden wird. Die Segmente schließen auf der einen Seite mit dem Saphirfenster und auf der anderen Seite mit der runden Probe ab.
Abb. 11: Geometrie der Strahlführung in der Druckzelle. Die Probe selbst ist kreisrund. Daran angepasst wurden Segmente, die bündig mit der Probe abschließen. Somit muss der Strahl lediglich einen minimalen Wasserspalt (< 100 µm) zwischen den Segmenten passieren.
Die Druckzelle selbst wird noch einmal eingehend in Publikation /3/ vorgestellt.
Neben der Druckzelle wurde auch ein Rheometeraufbau für die Neutronenreflektometrie weiterentwickelt. Als Ausgangspunkt dafür diente eine Scherzelle von Dr. Max Wolff, Universität Bochum und Institut Laue-Langevin (ILL), Grenoble, Frankreich. Abbildung 12 zeigt ein Schema dieses Versuchsaufbaus.
Abb. 12: Schemazeichnung der Scherzelle. Der Rotator und das Substrat werden mit einem einzigen Wellendichtring gegeneinander gedichtet. Der Rotator wird mittels eines Elektromotors angetrieben. Der Abstand des Rotators zur Probe nimmt linear mit dem Abstand vom Zentrum zu. Der Zweck dieser Maßnahme ist es, die Scherrate
an der Oberfläche über die gesamte Fläche konstant zu halten. Mit steigendem Abstand vom Rotationszentrum nimmt die Bahngeschwindigkeit linear zu. Die vom Rotator übertragene Scherung nimmt wiederum linear mit steigendem Abstand zur Probe ab. In der Summe bleibt somit die Scherrate über den gesamten Radius konstant.
Um die Scherrate über die gesamte Probenoberfläche konstant zu halten, wurde eine Kegelgeometrie für den Rotator gewählt, in der der Abstand zur Probe linear mit steigendem Radius zunimmt. Im „Zwei-Platten-Modell“ ist die Scherrate eine einfache Funktion des Abstands h zwischen Stator (Probe, Platte 1) und Rotor (Platte 2) und der relativen Geschwindigkeit v der Platten zueinander.
= v / h
Für die Messzelle mit zylinderförmigem Stator und kegelförmigem Rotor (Radius R) ist die Bahngeschwindigkeit v eine Funktion der eingestellten Winkelgeschwindigkeit w0 und des Abstandes r von der Rotationsachse. Ihre Änderung mit r ist gegeben durch
dv = ω0 d r
Der Abstand h zwischen Stator und Rotor ist mit
dh = sdr, s = (hR-h0)/R
ebenfalls abhängig von r sowie von der minimalen Höhe h0 für r = 0 und der maximalen Höhe hR für r = R. Damit ist die Änderung der Scherrate mit r Null
und die Scherrate ist – unabhängig von der jeweils von Neutronen ausgeleuchteten Fläche – konstant.
Dieser Aufbau wurde schließlich weiterentwickelt, da der alte Aufbau für das Experimentieren mit Lipiden und wässrigen Proben einige Nachteile hatte. Die Nachteile sind:
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Die Zelle war zeitweise undicht. Problem der Zelle ist, dass die durch den Wellendichtring zu dichtende Oberfläche sehr groß ist. Die Schmierung durch Gleitlager erwies sich als unvorteilhaft. Das Schmiermittel Graphit gelangte teilweise in die Problelösung Ein weiteres Problem war der Abrieb durch den Wellendichtring. Der Dichtring löste mechanisch Partikel aus dem Rotator ab. Dies soll in der neuen Zelle durch die Wahl geeigneter Materialien vermieden werden. Die Zelle ist nur für den Einsatz an vertikalen Reflektometern geeignet.
In der neuen Zelle wurde der Rotator selbst völlig in ein Gehäuse verlegt und über eine Welle angetrieben. Da somit nur noch an der Welle gedichtet werden muss, nimmt die zu dichtende Fläche deutlich ab. Weiterhin sorgen eine gehärtete und geschliffene Edelstahlwelle sowie ein speziell für das Abdichten von Wasser angefertigter Wellendichtring für bessere Dichtheit. Des Weiteren soll die Zelle flexibler im Einsatz sein und sowohl für horizontale als auch vertikale Reflektometer ausgelegt sein. Als weiterer Zusatzpunkt lässt sich mit der neuen Zelle das Drehmoment des Motors über den Frequenzumrichter auslesen. Somit können Rückschlüsse auf die Viskosität der Probe gezogen werden. Abbildung 13 zeigt ein Schema der neuentwickelten Zelle.
Abb. 13: Neuentwickelter Rheometeraufbau für die Neutronenreflektometrie. Die Kraft des Motors wird auf ein Getriebe übertragen. Dieses lenkt die Kraft 90° bzw. 180° um. In beiden Richtungen kann der Probenraum montiert werden, um sowohl horizontal als auch vertikal arbeiten zu können. Die Probe selbst wird mittels eines Dichtringes gegen den Probenraum gedichtet. Oberhalb der Probe befindet sich eine Einheit zur Temperierung
Die Vorteile des neu entwickelten Aufbaus sind:
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Schmiermittel der Gleitlager können nicht in die Probelösung gelangen, da Kugellager eingesetzt werden. |
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